
Die ostfriesische Teekultur – Geschichte und Besonderheiten
In Deutschland zählt Tee zu den beliebtesten Getränken. Neben Früchtetee und Kräutertee wird vor allem schwarzer Tee gerne getrunken. Ganz vorne mit dabei ist hier Ostfriesland, die mit einem jährlichen Konsum von rund 300 Litern Tee pro Kopf zu den Weltmeistern unter den Teetrinkern zählen. Da ist es kein Wunder, dass die Ostfriesen auch über eine ganz eigene Teekultur verfügen. Wie sich diese Teekultur entwickelt hat und was sie so besonders macht, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Seit wann wird in Ostfriesland Tee getrunken?
Tatsächlich lässt sich die ostfriesische Teekultur bis ins 17. Jahrhundert zurückverfolgen. Denn zu dieser Zeit brachten sowohl britische als auch holländische Handelsschiffe den Tee von China nach Europa und damit auch nach Ostfriesland. Innerhalb von nur 100 Jahren entwickelte sich Tee dort zu einem echten Kultgetränk, das sowohl von der Oberschicht als auch von den einfachen Leuten genossen wurde. Das lag gleich an mehreren Faktoren.
Denn zum einen gab es damals noch keine modernen Wasseraufbereitungsanlagen. Damit man Wasser gefahrlos trinken konnte, musste man dieses daher zunächst abkochen. Da war es naheliegend, das Abkochen von Wasser gleich mit der Zubereitung von Tee zu verbinden und dem Wasser damit einen abwechslungsreichen Geschmack zu verleihen. Zudem bot Tee eine willkommene Abwechslung zu Kaffee. Denn dieser war damals noch ein seltenes Gut und damit dementsprechend teuer. Und auch dem Bier, das lange Zeit vorher das beliebteste Getränk war, lief Tee den Rang ab.
Seinen Siegeszug hat Tee in Ostfriesland wahrscheinlich auch dem dortigen Klima zu verdanken. Denn das oftmals kühle, regnerische, windige und insgesamt ungemütliche Wetter ließ sich mit einem Heißgetränk deutlich besser ertragen. Zudem zählen Gastfreundschaft und Gemeinschaft zu den fest in der ostfriesischen Kultur verankerten Werten. Sich gemeinsam zu einer gemütlichen Teestunde zu treffen, ist das perfekte Sinnbild dafür.
Welchen Tee trinkt man in Ostfriesland?
Bei dem ersten Tee, der nach Europa kam, handelte es sich um Grüntee. Als später dann auch schwarzer Tee importiert wurde, mauserte sich dieser schnell zum Favoriten der Ostfriesen. Noch heute trinkt man im hohen Norden noch hauptsächlich starken Schwarztee. Beliebt sind dabei die beiden Sorten Assam Tee und Ceylon Tee oder auch die aus der Region stammende Ostfriesen Mischung.
Der Tee wird dabei auf eine ganz besondere Weise zubereitet und getrunken. Der Tee wird meist sehr stark zubereitet und dann mit Kandis und Sahne verfeinert. Allerdings werden nicht alle Zutaten wahllos in die Tasse gegeben, sondern in einer ganz bestimmten Reihenfolge. Denn zuerst wandert ein großes Stück Kandis in die Tasse, das auch Kluntje genannt wird. Im Anschluss wird der heiße Tee in die Tasse gegossen, was dazu führt, dass das Kluntje ein knisterndes Geräusch von sich gibt. Zu guter Letzt kommt die Sahne in den Tee. Diese wird aber nicht einfach in die Tasse gegossen, sondern vorsichtig mit einem Löffel hineingegeben. Dadurch bildet sich ein Sahnewölkchen auf dem Tee, auch als Kluntje bezeichnet. Der Tee wird danach nicht umgerührt, sondern in diesen drei Schichten getrunken – milde Sahne, starker Tee und süßer Kandis.
Wie läuft die ostfriesische Teezeremonie ab?
Die ostfriesische Teezeremonie, auch Teetied genannt, spielt eine große Rolle im dortigen Alltag. Denn wenn möglich, zelebriert man dort bis zu sechsmal am Tag das gemeinsame Teetrinken. Aufgrund von Arbeit, Studium oder Schule ist das für viele natürlich nicht umsetzbar. Dennoch versucht man, zumindest um 15 Uhr zur gemeinsamen Teestunde zusammenzufinden. Sonntags trifft man sich zusätzlich noch zum sogenannten Elführtje, das vormittags um 11 Uhr stattfindet. Neben Tee werden auch noch Kekse, Kuchen, Törtchen oder ähnliches Süßgebäck serviert.
Traditionell kommt bei der Teetied Porzellangeschirr zum Einsatz, das entweder mit der sogenannten Ostfriesenrose oder mit blauen Mustern verziert ist. Der Teelöffel, der bei jedem Gast auf der Untertasse liegt, wird übrigens nicht zum Umrühren des Tees verwendet. Stattdessen wird er benutzt um zu signalisieren, dass man genug Tee getrunken hat. Dazu wird der Löffel einfach in die leere Tasse gelegt. Das sollte man allerdings niemals tun, bevor man nicht drei Tassen Tee getrunken hat. So will es die ostfriesische Etikette.
Während bei anderen Teezeremonien oftmals ein religiöser Aspekt im Vordergrund steht, geht es bei der ostfriesischen Teekultur hauptsächlich um Gemeinschaft und Gemütlichkeit. Deshalb nutz man die Teetied auch gerne, um sich ausgiebig über den neusten Klatsch und Tratsch zu unterhalten.