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Warum trinkt man Tee mit Zucker?

Für viele gehören Milch und Zucker einfach fest zum Teegenuss dazu. Besonders schwarzer Tee oder auch stärker fermentierter Oolong Tee lassen sich sehr gut damit verfeinern. Warum wir Tee mit Milch milde stimmen, haben wir bereits in einem anderen Blogbeitrag erklärt. Aber wie sieht es eigentlich mit Zucker aus? Warum genau wandert bei uns neben Milch auch gerne das ein oder andere Stückchen Zucker in den Tee?

Wahrscheinlich süßte man früher Tee aus dem gleichen Grund mit Zucker, weshalb man ihn auch mit Milch verfeinerte – man wollte seinen Geschmack aufbessern. Denn bis der Tee mit dem Schiff von China nach Europa kam, vergingen in der Regel mehrere Monate. Und die verbrachte der Tee unter Deck in muffigen Holzkisten und zusammen mit Gewürzen, Ölen und anderer stark aromatischer Fracht. Dass sich das nicht sonderlich positiv auf den Geschmack des Tees ausgewirkt haben kann, müssen wir wahrscheinlich nicht zusätzlich erwähnen. Aber mit genügend Zucker wurde auch der schlimmste Tee wieder genießbar.

Mittlerweile ist das natürlich nicht mehr der Fall. Heutzutage weiß man, dass es sich bei Tee um ein empfindliches Gut handelt und trifft beim Transport auch entsprechende Vorkehrungen. Zucker kommt heute daher meist nur in den Tee, weil es eben lecker schmeckt. Aber in diesem Beitrag soll es nicht um Heute gehen, sondern um Früher. Reisen wir also einmal zurück ins 17. Jahrhundert.

Das süße Leben der Oberschicht

Tee gelangte im 17. Jahrhundert über die Niederlande zum ersten Mal nach Europa. Zucker hatte es dagegen bereits ein knappes Jahrhundert früher auf unseren Kontinent geschafft und in den Küchen der Oberschicht den damals verbreiteten Honig abgelöst. Zucker und Tee hatten zu dieser Zeit eine Sache gemeinsam – sie waren beide extrem teuer und daher ausschließlich der reichen Bevölkerungsschicht vorbehalten. Und die versüßten sich ihr Leben damals im wahrsten Sinne des Wortes.

Trendsetter, wenn es um das Süßen von Tee mit Zucker geht, waren damals wahrscheinlich die Engländer gewesen. In den 1660ern brachte die portugiesische Gemahlin von König Charles II., Katharina von Braganza, den Tee mit auf die Britischen Inseln. Katharina trank ihren Tee am liebsten mit Zucker. Und was das englische Königshaus vorlebte, musste natürlich von den Untertanen nachgeahmt werden. Schon bald wurde in der kompletten englischen Oberschicht gesüßter Tee getrunken.

Im späten 17. Jahrhundert war der Zuckerkonsum daher so durch die Decke gegangen, dass damals schon die ersten Ärzte vor den gesundheitlichen Folgen von zu hohem Zuckerkonsum warnten. Dann gab es da den Schriftsteller Thomas Tryon, ein Mann, der keinerlei medizinische Qualifikationen besaß, aber felsenfest davon überzeugt war, Zucker sei sogar gut für die Gesundheit. Sein Totschlagargument – Zucker macht glücklich und was glücklich macht, das kann sich ja nur positiv auf die Gesundheit auswirken. Naja, das lassen wir jetzt lieber mal unkommentiert.

Tryon empfahl daher, jeden Tag eine moderate Menge an Zucker zu sich zu nehmen, am besten aufgelöst in einem nicht-alkoholischen Getränk. Alle, die ihren Tee mit Zucker tranken, fühlten sich dadurch natürlich in ihren Gewohnheiten bestätigt.

In den 30er-Jahren des 18. Jahrhunderts gehörte Tee mit Zucker schließlich beinahe schon zu den Grundnahrungsmitteln der britischen Ober- und Mittelschicht.

Und der bittere Alltag der Arbeiterklasse

In der Mitte des 18. Jahrhunderts nahm die industrielle Revolution immer mehr Fahrt auf. Bis zu diesem Zeitpunkt galt Bier noch als das Getränk der Arbeiterklasse, da es billig und kalorienreich war. Schließlich wurde Bier allerdings von Tee abgelöst. Denn gesüßter Tee, der zusätzlich noch mit Milch versetzt war, enthielt ebenfalls viele Kalorien und hatte dazu aufgrund des Koffeins noch einen wachmachenden Effekt.

Tee und Zucker hatten damit ihre Exklusivität verloren und der Bedarf an beidem stieg drastisch an. Zu dieser Zeit hatte China noch ein Monopol für die Teeproduktion inne, was Großbritannien ein echter Dorn im Auge war. Man entsandte im 19. Jahrhundert deshalb kurzerhand einen Botaniker von den Britischen Inseln nach China, der einige Teepflanzen stehlen sollte. Tatsächlich glückte dieser dezent moralisch fragwürdige Plan auch und man begann mit dem Teeanbau in den britischen Kolonien in Indien. Das war die Geburtsstunde von Assam Tee und Darjeeling Tee.

Auch die Geschichte des Zuckers kann sich hier nicht gerade mit einer weißen Weste brüsten. Denn als die Nachfrage nach Zucker zunahm, ließ man ihn im großen Stile von Sklaven in der Karibik produzieren. Um 1700 lag der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch von Zucker bei gerade einmal knapp 2 Kilo pro Jahr. Um 1850 betrug er schon das Achtfache, nämlich rund 16 Kilo.

Hinter Tee mit Zucker verbirgt sich also eine ziemlich interessante Geschichte. Und da Sie diese jetzt kennen, haben Sie jede Menge Gesprächsstoff für Ihre nächste Teeparty.

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